√Oma erzählt eine Geschichte von Selma Lagerlöf

Gut be-hütet: Vorlesen und erzählen im Maigarten

Lena klettert zu Oma auf den Gartenstuhl, schnappt sich ebenfalls wie Oma einen Sonnenhut und lauscht, wie Oma ihr aus den "schönsten Legenden von Selma Lagerlöf" folgende Geschichte vorliest - teils vorliest, hauptsächlich aber mit eigenen Worten erzählend wiedergibt:

Die Selma war mit ihrer Oma in einem Haus in Schweden an einem Weihnachtsabend ganz allein. Alle waren zur Kirche gegangen, aber Oma war zu alt und Selma zu jung und deshalb konnten die beiden leider nicht die Weihnachtslichter in der Kirche miterleben. So waren sie ganz allein zuhause an diesem Weihnachtsabend. 

Selma liebt die Geschichten von Oma sehr! Und am Schluss sagt Oma immer - und legt dabei immer ihre Hand auf Selmas Kopf: "...und das ist so wahr, wie ich dich sehe und du mich siehst." 

An diesem Weihnachtsabend erzählt Oma folgende Begebenheit: 

Ein Mann ging durch die kalte Nacht und versuchte irgendwoher ein Feuer zu bekommen. Denn seine Frau hat ein Kind bekommen und es war kalt in der Höhle, wo sie untergekommen waren. Also machte er sich auf den Weg. Doch nirgends fand er etwas Feuer. Nach längerem Umhergehen fand er endlich auf einen freien Feld einen Feuerschein. Er ging darauf zu und fand einen Hirten inmitten einer großen Schafherde. Alle schliefen sie fest, nur die 3 Hunde wachten auf. Sofort stürzten sie sich zähnefletschend auf den Mann - aber die Zähne waren gar nicht scharf und der Mann wurde gar nicht verletzt. Auch war kein lautes Gebell zu hören, sodass die Schafe fest weiter schliefen. Um zu dem Feuer zu kommen, musste der Mann nun über die Schafe steigen. Doch auch nun wachten die Schafe nicht auf und rannten nicht davon. Jetzt erreichte der Mann die Mitte, wo der Hirt am Feuer saß. Der Hirte war bekannt, dass er sehr unfreundlich, ja bösartig war. Unwirsch fragte er den Mann: "Was willst du denn hier!?!" "Ich suche etwas Feuer, denn meine Frau hat ein Kind bekommen und sie brauchen Wärme." Der Hirt sah, das der Mann weder eine Schaufel noch einen Eimer dabei hatte. Er dachte: "Die Glut wird seine Hände und Kleider anbrennen. Soll er doch davon so viel er kann  mitnehmen", und erlaubte ihm, so viel er wolle von der Glut mitzunehmen. Der Mann ergriff dankbar einige Glutbrocken langsam mit seinen bloßen Händen und sammelte sie in seinem Mantel. - Doch weder seine Hände noch der Mantel litten irgend einen Schaden. Das wunderte den bösen Hirten sehr! Auch wunderte er sich, dass die Hunde nicht gebissen hatten und die Schafe nicht aufgewacht waren. Da wurde er neugierig und wollte die Frau und das Kind sehen. Er ging also mit den Mann mit. Sie erreichten die eiskalte Höhle. Dort waren die Mutter und das Kind, und sie sahen ganz friedlich und hell und schön aus. Auf einmal veränderte sich das Herz des bösen Schafhirten, und er zog aus seinem Beutel ein wärmendes Schaffell für das Kindlein heraus. Und auf einmal wurden ihm die Augen geöffnet, und er sah überall kleine Engel umherfliegen, und seine Ohren öffneten sich, und er hörte überall den allerschönsten Engelgesang."

Da legte die Oma ihre Hand auf den Kopf von Selma und die Oma Dori ihre Hand auf Lenas Kopf und sagte: "...und das ist so wahr, wie ich dich sehe und du mich siehst. Es kommt nicht auf Lichter und Lampen an, sondern dass wir Augen haben, die Herrlichkeit Gottes zu sehen."

Und auf einmal sagt Lena zu mir: "Du bist eine schöne und liebe Oma."



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